Aktuelles
Es gibt einige aktuelle Beiträge zur Familiengerichtsbarkeit und zur Regelung von Umgangs- bzw. Wechselmodellen nach Trennung bzw. Scheidung. Erwähnenswert erscheinen insbesondere:
- Menno Baumann, Charlotte Michel-Biegel, Stefan Rücker, Marc Serafin, Reinhard Wiesner (2022): Zur Notwendigkeit professioneller Intervention bei Eltern-Kind-Entfremdung – Teil 1 in ZKJ 7-2022 und Teil 2 in ZKJ 8-2022.
- Der Soziologe Wolfgang Hammer hat eine Studie vorgelegt, die insgesamt sehr kritisch diskutiert wird: https://www.familienrecht-in-deutschland.de. Ganz gegen den Trend wird gegen Wechselmodelle und das "Narrativ" entfremdender Mütter argumentiert - und für eine Stärkung des Mutterschutzes nach §6.4 GG. Beispielsweise die Neue Richtervereinigung widerspricht dem Tenor der Studie mit Presseerklärung vom 13.4.2022 - vgl. https://www.neuerichter.de/details/artikel/article/die-bestandsaufnahme-von-dr-hammer-stimmt-nicht-new6256b5583355f026239869. Auch Prof. Dr. Heilmann widerspricht der Studie - wegen zweifelhafter Datengrundlage und unzulässigen Generalisierungen (Editorial, ZKJ 6/2022).
- Ein neuer Sammelband von Körner und Hörmann mit sehr unterschiedlichen Beiträgen zur Familiengerichtsbarkeit wurde unmittelbar nach Erscheinen vom Verlag zurückgezogen. Gründe sind nicht bekannt. W. Körner & G. Hörmann (Hrsg., 2022): Familienrechtliche Gutachten und Verfahren auf dem Prüfstand. Informationen für Betroffene, Sachverständige, Jurist:innen, Psycholog:innen und Jugendamtsmitarbeiter:innen. Weinheim: Beltz Juventa.
- Janin Zimmermann, Jörg Fichtner, Sabine Walper, Ulrike Lux, Heinz Kindler (2023): Verdorbener Wein in neuen Schläuchen. Teil 1 in ZKJ 2-2023 und Teil 2 in ZKJ 3-2023. Die Autorengruppe übt ungewöhnlich erscheinende, scharfe Kritik an dem o.g. Artikel von Baumann et al. Vorgeworfen wird der Autorengruppe um Baumann, dass diese sich am Konzept von Gardner, also dem Parental Alienation bzw. Parental Alienationssyndrom, orientieren - bereits der Begriff der "Eltern-Kind-Entfremdung" sei überholt. Am Naturrecht orientierte gesetzliche Vermutungen könnten durch die Sozialwissenschaften nicht einfach übernommen werden - Ursachen für "Kontaktprobleme und Kontaktverweigerung" seien vielfältig und müssten entsprechend diagnostisch berücksichtigt werden. Von Baumann et al. erklärend dargestellte Loyalitätskonflikte von Kindern und Jugendlichen seien nicht hinreichend, ihre Annahme schwerer psychosozialer Folgen einer Entfremdung / eines Kontaktverlustes sei unzulässig generalisierend. Meine ersten Eindrücke: Die Kritik ist, wenn auch teils berechtigt, völlig überzogen und verkennt das primäre Anliegen von Baumann et al., Vorschläge für die Praxis und damit eines zeitnahen Einwirkens bei drohender Entfremdung / eines Kontaktverlustes zu entwickeln.